Von Jack Smith
Die gemeinsame Verwendung von dreiphasigen 480-Volt-Hochspannungskabeln und 24- oder 120-Volt Niederspannungs-Steuer- und Kommunikationskabeln in einem Schrank kann zu Funktionsstörungen oder sogar einem kompletten Ausfall der elektronischen Geräte im Schrank führen. Wenn Sie wissen, was sich im Schrank befindet, bevor Sie ihn öffnen, und nach welchen Verdrahtungsproblemen Sie dort suchen und welche Werte Sie messen sollen, lassen sich oft einfache Problemlösungen für unberechenbare und gelegentlich „mysteriöse“ Steuerungs- und Kommunikationsprobleme im Werk finden.
Schränke auf Anlagenebene sind oft als zentraler Steuerungspunkt für Automatisierungs- und Prozesssteuerungsgeräte ausgelegt. Innerhalb des Schranks befinden sich die elektronischen programmierbaren Steuerungen (SPS), die Antriebe mit variabler Frequenz (VFDs) und die zugehörigen Kommunikations- und Steuerungskabel.
Da die in der Anlage gesteuerten Geräte meist unter 480 Volt betrieben werden, muss oft ein 480-Volt-Drehstrom durch den gleichen Schrank wie die elektronischen Steuerungen geleitet werden – was bei der Fehlersuche und Wartung von Vorteil ist. Man kann über den gleichen Schaltschrank die Anzeigeleuchten einer programmierbaren Steuerung beobachten, die dreiphasige Spannung eines Motoranlassers messen und den Antrieb einstellen.
Die Sicherheit steht an erster Stelle
Vor dem Öffnen eines Schaltschranks muss zunächst auf die Sicherheit geachtet werden. Es kann leicht passieren, dass ein Techniker oder Ingenieur, der mit Arbeiten an elektronischen Steuerungen beginnt, sich voll und ganz auf die verdächtigen Niederspannungsgeräte und -steuerungen konzentriert, und dabei vergisst, dass man in einem Schaltschrank mit Mischspannung gefährlichen Spannungen und Kurzschlussströmen ausgesetzt ist. Bevor Sie die Schranktür öffnen: Sie müssen die vorhandenen Spannungspegel kennen.
Industrie-Schaltschränke müssen mit haltbaren und lesbaren Kennzeichnungen zur Nennspannung, Phasenzahl und der Frequenz sämtlicher Stromquellen versehen sein. Ältere Schaltschränke enthalten möglicherweise keine Kennzeichnungen. Viele Schaltschränke sind jetzt mit einem Warnkennzeichen vor Lichtbögen an der Schranktür versehen. Denken Sie daran, dass eine Lichtbogenkennzeichnung meist die maximale Spannung im Schrank, aber nicht alle Versorgungsspannungen enthält. Schauen Sie daher neben den Kennzeichnungen auch auf Elektropläne und Herstellerhandbücher und gehen Sie erforderlichenfalls die Systeme genau durch, um die Spannungsquellen für den Schrank zu ermitteln.
Halten Sie sich nach Möglichkeit seitlich neben dem Schrank auf, wenn Sie Trennvorrichtungen bedienen, Riegel entsperren und Türen öffnen – nur für den Fall, dass etwas schief geht. Wenn die Schranktür geöffnet ist, nehmen Sie eine Sichtprüfung auf offensichtliche Abweichungen vor und achten Sie auf den Geruch durchgebrannter Isolierungen. Nehmen Sie die entsprechenden Schalt- und Steuerpläne zur Hand, um Komponenten und Klemmleisten ausfindig zu machen.
Minimierung elektromagnetischer Störungen
Achten Sie bei der Sichtprüfung genau darauf, wie die Kabel in den Schrank führen. 480-Volt-Netzleiter und Niederspannungs-Steuerstromverdrahtungen werden meist über separate Stromkreise zugeführt. Wenn Sie solche Leiter in separaten Stromkreisen vor Ort testen, minimieren Sie die Wahrscheinlichkeit elektromagnetischer Störungen. Wenn sich Stromleiter zu nah an der Steuerungsverdrahtung und den elektronischen Komponenten (ob vor Ort oder im Schrank) befinden, müssen Sie mit Unregelmäßigkeiten bei der Bedienung der Geräte rechnen.
Um die Auswirkungen der elektromagnetischen Störungen zu begrenzen, sollten sich Stromleiter nicht in unmittelbarer Nähe zur Steuerungs- und Kommunikationsverdrahtung befinden. „Unmittelbare Nähe“ ist in keiner Norm definiert. Sie müssen dies selbst realistisch einschätzen können. Bewahren Sie Strom- und Steuerungsleiter im Schaltschrank in verschiedenen Kabelwannen auf. Wenn es aus irgendeinem Grund erforderlich ist, Stromleiter und Steuerkabel überkreuz zu verlegen, achten Sie darauf, dass diese sich im 90-Grad-Winkel kreuzen, um die Auswirkungen elektromagnetischer Störungen zu reduzieren.
Trennung von Strom- und Steuerkreis
Im Rahmen der Sichtprüfung ist eine angemessene Trennung zwischen Strom- und Steuerkreisen sicherzustellen. Zur besseren Unterscheidung zwischen Steuer- und Stromkreisen beachten Sie die verwendeten Leiterdurchmesser und Farbcodierungsmuster. Der Steuerkreisquerschnitt beträgt meist 16 oder 18 AWG (1,31 oder 0,82 mm²). Stromleiter sind in der Regel erheblich größer und nicht kleiner als 12 AWG (3,31 mm²). Erdleiter sind weiß, grau oder mit drei durchgängigen weißen Streifen auf einer beliebigen Farbisolierung außer grün, blau und orange versehen. Weiße Steuerleitungen mit einem blauen Streifen sind Erdleiter für einen DC-Steuerkreis. Steuerleitungen, die orange oder weiß mit einem orangenen Streifen sind, sind ungeerdete Leiter, die unter Spannung bleiben, nachdem der Haupttrennschalter ausgeschaltet wurde. Des Weiteren weist eine rote Isolierung auf einen ungeerdeten Leiter in einem WechselstromACs-Steuerkreis und eine blaue Isolierung auf den ungeerdeten Leiter in GleichstromsDC-Steuerkreisen hin. Leiter eines Mehrleiterkabels, das in den Schrank hineinführt, können verschiedene Farbmuster aufweisen. Schauen Sie bei Bedarf in den Schaltplänen nach.
Für die ungeerdeten Drehstromleiter, die in den Schrank führen, bestehen keine Farbcodierungseinschränkungen. Meist werden braun, orange und gelb jeweils für die 480-Volt-Phasen A, B und C verwenden. Schwarz, rot und blau stehen jeweils für die 208-Volt- oder 240-Volt-Phasen A, B und C.
Beim Erkennen und Trennen von Kabeln: Gehen Sie vorsichtig vor und seien Sie sich darüber im Klaren, welche Farbcodierschemata in Ihrem Schrank angewendet werden. Nehmen Sie im Zweifelsfall eine Messung mit einem Digitalmultimeter vor, um Spannungspegel an verschiedenen Klemmen zu überprüfen.
Verdrahtung bei Geräten mit niedriger Spannung
Mithilfe eines „verdrillten Leiterpaars“ oder eines „abgeschirmten Kabels“ können Sie die Auswirkungen elektromagnetischer Störungen in Verdrahtungen von Geräten mit niedriger Spannung minimieren. Bei einem verdrillten Paar wird ein Leiter durchmit einer bestimmten Anzahl von Wicklungen pro Längenabschnitt um einen anderen gewickelt. Ein abgeschirmtes Kabel ist ein verdrilltes Kabelpaar mit einer geflochtenen Umspannung oder Folie, welche die gesamte Länge der Leiter abdeckt. Es verfügt zudem über eine Kunststoffummantelung als physischen Schutz. Verdrillte Kabelpaare mindern den Induktionseffekt ab. Sie sollten bis zu ihrem Anschluss verdrillt sein. Die Umspannung oder Folie über einem verdrillten Paar verhindert, dass Spannungen in die Steuerleistung induziert werden. Diese Umspannung oder Folie muss nur an einem Ende mit der Erde verbunden sein. Ein Erdungsdraht verläuft entlang dem abgeschirmten Kabel direkt unter der Folie, sodass es auf der gesamten Kabellänge Kontakt hat. Der Erdungsdraht ist, sofern vorhanden, mit der Erde verbunden. Der Erdungsdraht „erdet“ sämtliche in das Kabel induzierte Streuspannung.
Wenn ein Steuerkreis an mehreren Punkten geerdet wird, kommt es mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu Steuerungsproblemen. Wenn der Erdungsdraht an beiden Kabelenden mit der Erde verbunden ist oder die Kabelummantelung an einem Punkt versehentlich abgeschabt wird und die Folie mit geerdetem Metall in Kontakt gerät, entsteht eine „Erdschleife“. Die Strom fließt jetzt aufgrund der Potenzialunterschiede zwischen den getrennten Erden unbeabsichtigt durch das Erdungskabel und die Folie zwischen den beiden geerdeten Punkten (der „Erdschleife“). Achten Sie bei der Untersuchung der Schaltschränke darauf, dass alle Isolierungen über den ungeerdeten Enden der abgeschirmten Kabel vorhanden sind und dass der Erdungsdraht oder die Folie nicht unbeabsichtigt in Kontakt mit Metall im Schrank geraten.
Durchführen von Spannungsmessungen
Sobald Sie bei der Sichtprüfung Abweichungen korrigieren, nehmen Sie Spannungsmessungen vor, um sicherzustellen, dass von den Stromleitern keine elektromagnetischen Störungen ausgehen. Verwenden Sie für die Messung und Aufzeichnung von Spannungspegeln ein Digitalmultimeter mit der passenden Spezifikation. Die Eingangsspannung an elektronischen Geräten wie SPS und VFDs wird meist plus oder minus 10 % der Nennspannung angegeben. Messen Sie die Spannung an jedem Eingangs- und Ausgangs-Feldgerät. Seien Sie besonders aufmerksam, wenn irgendwo eine erhebliche Spannung vorhanden ist, die nicht vorhanden sein sollte. Dies kann auf eine Induktion von den Stromleitern hindeuten, die eine niedrige Spannung in Steuerkreisen verursachen. Die Ursache des Problems liegt meist in der Verlegung der Leiter und oft sind erhebliche Fehlersuchen erforderlich, um das Problem zu verorten. Da die in den Steuerkreis induzierte Spannung entsprechend dem Stromfluss durch den Stromleiter schwankt, schwankt entsprechend auch die Spannung im Steuerkreis. Zur Erkennung dieser Abweichungen ist u. U. ein Digitalmultimeter wie das Echteffektivwert-Logging-Multimeter Fluke 289 True RMS Logging Industrial Multimeter erforderlich.
Festigkeit der Steuerdrahtanschlüsse
Prüfen Sie, ob die Steuerdrahtanschlüsse fest sitzen. Alle Folgen elektromagnetischer Induktion, die die Steuerungen normalerweise abfangen können, werden durch einen losen Anschlusspunkt verschärft und können sich auf die elektronischen Eingänge auswirken. Gelegentlich können sich Kabel vom Druckanschluss lösen, meist aufgrund einer fehlerhaften Installation. Überprüfen Sie jedes Kabel am Anschlusspunkt, um sicherzugehen, dass es fest im Steckverbinder oder unter der Klemmschraube sitzt. Ziehen Sie alle Klemmschrauben fest.
Durch eine ordnungsgemäße Inspektion und Wartung von Strom- und Steuerverdrahtung lassen sich elektronisch steuerbare Leistungsprobleme bei Geräten weitgehend vermeiden. Lose Steuerkabel und Anschlussschrauben, unangemessene Erdungstechniken und die Verlegung von Strom- und elektronischen Leitern in unzureichendem Abstand sind einige der häufigsten, jedoch schwer ausfindig zu machenden Ursachen nicht ordnungsgemäß funktionierender Geräte. Wenn Sie wissen, was sich in Ihren Schaltschränken befindet, ordnungsgemäße Inspektionen durchführen und die Steuerspannungsmesswerte zu interpretieren wissen, können Sie viele dieser unerklärlichen Geräteprobleme lösen.
Strom als Ursache von Problemen in kombinierten Schaltschränken
Wenn Strom durch einen Leiter fließt, entsteht ein Magnetfeld in einem kreisförmigen Pfad um den Leiter. Durch den Wechselstromfluss wird die Richtung des ursprünglichen Magnetfelds aufgehoben und es wird ein Magnetfeld in umgekehrter Richtung um den Stromleiter aufgebaut. Der gesamte Vorgang wird 650 Mal pro Sekunde in 650-Hertz-Wechselstromkreisen durchlaufen.
Wenn ein anderer Leiter im Wirkungsbereich dieses veränderlichen Magnetfeldes befindet, sind die drei Voraussetzungen für elektromagnetische Induktion erfüllt:
- Ein elektromagnetisches Feld (erzeugt durch den Stromfluss im Stromleiter) ist vorhanden.
- Im Magnetfeld (Niederspannungs-Steuerstromverdrahtungen) ist ein Leiter vorhanden.
- Eine Relativbewegung tritt zwischen dem Leiter und dem Magnetfeld auf. (Das Magnetfeld wird kontinuierlich aufgebaut, abgebaut und wechselt die Richtung).
Entsprechend wird eine Spannung aufgebaut bzw. in die Steuerstromverdrahtung „induziert“ – daher der Begriff elektromagnetische Induktion. Die in der Steuerstromverdrahtung erzeugte Spannung und Stromfluss wird als elektromagnetische Interferenz (EMI) bezeichnet. Die EMI erzeugt eine hinreichend große Spannung für eine SPS oder VFD, dass ein falsches Signal „erkannt“ wird. Die Spannung auf der Steuerverdrahtung kann durch EMI gestört werden, sodass die über die Steuerverdrahtung gespeisten elektronischen Geräte nicht ordnungsgemäß funktionieren.
Prüfcheckliste für Schaltschränke, die Steuer- und Leistungskreise enthalten
- Ermitteln Sie die Spannungspegel im Schrank, bevor Sie die Gehäuseklappen öffnen.
- Befolgen Sie alle Verfahren für den sicheren Umgang mit elektronischen Geräten, darunter das Tragen von PSA und die Einrichtung von Zugangsgrenzen.
- Stellen Sie sich auf die Seite, wenn Sie die Schranktür öffnen.
- Nehmen Sie eine Sichtprüfung der Verdrahtung und der Komponenten auf offen erkennbare Abweichungen vor.
- Schauen Sie sich das Farbcodierungsmuster genau an und unterscheiden Sie zwischen Steuer- und Stromleitern.
- Prüfen Sie, ob Strom- und Steuerleiter richtig voneinander getrennt sind.
- Prüfen Sie, ob sich überkreuzende Strom- und Steuerleiter dies im 90-Grad-Winkel tun.
- Messen Sie die Spannungspegel zu den Stromversorgungen der elektronischen Geräte und prüfen Sie sie innerhalb der Herstellerspezifikationen.
- Messen Sie die Spannung der Feldeingangs- und Ausgangsgeräte und prüfen Sie sie innerhalb der Spezifikation.
- Prüfen Sie die Steueranschlüsse und ziehen Sie die Klemmschrauben fest.